Es gibt den erwachsenen Kurt und seinen Sohn, den kleinen Kurt. Der kleine Kurt lebt mit seiner Mutter in Brandenburg. Dort kaufen der große Kurt und Freundin Lena ein Haus, das sie mit einfachen Mitteln sanieren. Die Großstadtmenschen ziehen in die Provinz, damit sich Vater und Sohn nahe sein können.
Turbulent und sympathisch chaotisch liest sich der Alltag von Lena und den beiden Kurts. Liebe, Zärtlichkeit und Humor halten diesen Brandenburger Kosmos zusammen. Und selbst wenn Lena Zweifel an sich, ihrer Rolle in diesem Familiengefüge und an ihrem neuen Wohnort hat, bleibt mir beim Lesen die Zuversicht: Diese sympathischen Menschen haben das Zeug, ihre Probleme zu lösen und miteinander glücklich zu sein.
Der Roman „Kurt“ von Sarah Kuttner beginnt als Liebesgeschichte und wird rasch tragisch: Damit diese Liebesgeschichte so richtig weh tut, stirbt der kleine Kurt. So in etwa begründete Sarah Kuttner den Tod des Kindes in einem Fernsehinterview. Sie erzählt aus der Perspektive Lenas, wie die Erwachsenen den Tod des kleinen Jungen begreifen und aushalten lernen.
Diese Geschichte tut tatsächlich weh. Aber noch schmerzhafter empfinde ich die Zwiespälte und Ängste von Lena. Die Freundin des
erwachsenen Kurts weiß nicht, wie sie um sein Kind trauern kann, soll, darf. Mit Lena gemeinsam ist es schwer auszuhalten, wie Kurt verzweifelt, sich
zurückzieht, wie er sich mal trösten lässt, um dann erneut zu verschwinden.
Lena bleibt bei Kurt. Sie tritt in den Hintergrund, aber sie bleibt. Sie schafft sich eigene Trauerrituale und hält sie geheim. Im Auf und Ab von Nähe und Distanz, Schmerz und Trost verlieren sich Lena und Kurt immer wieder. Aber das Zueinanderfinden gelingt ihnen auch.
Sarah Kuttner erzählt ihren Roman „Kurt“ feinfühlig und mit intelligentem Humor. Es geht um Liebe, Trauer, Langmut und auch ein bisschen um den therapeutischen Effekt von Gartenarbeit. Ein kleines Buch, ein kluges Buch, ein sanftes Buch, das ich herzlich zum Lesen empfehle.
Sarah Kuttner: „Kurt“, S. Fischer Verlage, ISBN: 978-3103974249
Coverfoto: S. Fischer Verlage